Energiezukunft ist jetzt! Digitale Energiehandelsplattform
Ein Projekt hat unsere Energiehandelsabteilung, aber auch die gesamte enalpin, in den vergangenen Jahren so richtig auf Trab gehalten: die Digitalisierung unserer Energiehandelsplattform. Im Dezember 2023 ging das Kernmodul live. Damit laufen nun grosse Teile des Tagesgeschäfts der Energiewirtschaft – für Kenner: der Day-Ahead-Prozess und der Intraday-Prozess – automatisiert auf dem neuen Handelssystem ab. Was da noch alles kommt und was das mit Energiezukunft zu tun hat, berichten Franziska Megert und Jasmin Abgottspon.
Zuerst einmal für alle, die nichts mit Energiehandel zu tun haben: Was genau ist das Ziel dieser neuen digitalen Energiehandelsplattform?
Franziska Megert: Ziel dieser neuen Plattform ist es, dass alle Prozesse des Energiehandels, also von der Stromproduktion über den Vertrieb und den Handel bis hin zur Abrechnung und zum Reporting, in einem hohen Masse automatisiert über ein einziges digitales System ablaufen. Das Kernmodul Energiehandel ging im Dezember 2023 live, das heisst, Produktion und Handel laufen heute schon über das neue System. Nun arbeiten wir mit Hochdruck an der Finalisierung der Module Vertrieb, Risikomanagement, Abrechnung und Controlling.
Was ist eure Aufgabe in diesem Projekt?
Jasmin Abgottspon: Franziska und ich sind beide Teil des Kernteams. Zudem unterstütze ich als Project Management Officer den Projektleiter Fabian Brunner in allen administrativen Belangen rund um das Projekt. Unsere Aufgabe ist es insbesondere, die einzelnen Teilprojekte zu koordinieren und zu unterstützen – wir sind sozusagen das Bindeglied zwischen allen Teilprojekten.
Ich bin darüber hinaus Teilprojektleiterin des Moduls Abrechnung, bei dem es darum geht, die gesamte Abrechnung des Energiehandelsgeschäfts mit den dazu notwendigen Stamm- und Messdaten im neuen System abzubilden. Die verschiedenen Daten, die bisher aus unterschiedlichen Quellen und teils noch händisch zusammengetragen wurden, werden neu automatisch ins System einfliessen.
Ich habe auch die Umsetzung des Kernsystems für den Energiehandel unterstützt und arbeite beim Teilprojekt Vertrieb mit. Mit letzterem können wir schon bald den heutigen manuellen Prozess ablösen und von der Offerte bis hin zum definitiven Vertrag und zur anschliessenden Rechnungsstellung alles digital erledigen.
Franziska Megert: Ich bin Leiterin der Teilprojekte Optimierung und Neue Regelenergieprodukte. Bei der Optimierung geht es darum, mittels Zufluss- und Preisprognosen unsere Kraftwerke optimal einzusetzen. Bisher geschah dies manuell. Das heisst, die Produktionsprognosen – also die Prognose darüber, wie viel Energie wir am kommenden Tag (Day-Ahead) mit einem Kraftwerk produzieren können – haben unsere Mitarbeitenden des Energiewirtschaftsbüros mit Hilfe von Wetterprognosen und anderen Erfahrungswerten bestimmt. Heute geschieht dies digitalisiert über eine Softwarelösung. Diese kann viel mehr Daten erfassen und verarbeiten als wir Menschen. Und so kann unser Energiewirtschaftsbüro die Kraftwerke optimal einsetzen.
Das neue System evaluiert und berechnet die Leistung unserer Kraftwerke zudem viertelstündlich und steuert sie automatisch an. So sind wir effizienter und können auch die Energie, die wir teilweise übrighaben, am Systemdienstleistungsmarkt von Swissgrid anbieten. Damit leisten wir einen Beitrag an die Netz- und Versorgungssicherheit.
Wie viele Mitarbeitende arbeiten an dem Projekt mit?
Jasmin Abgottspon (lacht): Alle. Nein, im Ernst: Bei enalpin sind sehr viele unterschiedliche Bereiche am Projekt beteiligt – von der Produktion über den Energiehandel bis hin zu den Finanzen. Und da wir das Projekt gemeinsam mit unserer Schwesterfirma naturenergie realisieren, sind auch dort die gleichen Abteilungen beteiligt. Im eigentlichen Projektteam sind wir 8 Mitarbeitende, bis jetzt mitgearbeitet haben aber sicher an die 50 Personen.
Warum ist dieses Projekt eine Investition in die Energiezukunft?
Jasmin Abgottspon: Mit diesem Projekt machen wir die enalpin fit für den Energiemarkt der Zukunft. Dieser wird immer schnelllebiger, so dass es ohne die Unterstützung von digitalisierten und automatisierten Prozessen bald nicht mehr möglich wäre, die Energie, die wir hier in der Region produzieren, zu vermarkten.
Dadurch, dass wir schon bald alle Prozesse in der Produktion, im Handel und im Vertrieb quasi auf einen Blick darstellen können, verbessern wir unseren Gesamtüberblick und können so auch Risiken weiter vermindern. Das neue System gibt uns aber vor allem auch die notwendige Flexibilität und Agilität, um die grossen Veränderungen, die unsere Branche zurzeit durchlebt, zu meistern.
Franziska Megert: Und das ist einerseits gut für einen optimalen Handel, aber andererseits auch für eine stabile und zuverlässige Versorgung: Zum Beispiel dank dem Projekt Reservekraftwerke, das es uns ermöglicht, grosse Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre Notstromgruppe dem Bund als Reserve für die Winterstromversorgung zur Verfügung zu stellen.
Und wir können mit der neuen Plattform einen Beitrag an die Netzstabilität leisten, etwa indem wir nun dank der viertelstündigen Optimierung flexiblere Systemdienstleistungen anbieten können. Die Swissgrid wird diese brauchen, um die immer grösser werdenden Schwankungen in der Energieproduktion auszugleichen, die der Ausbau der erneuerbaren Energien mit sich bringt.
Heisst das denn, dass es mit der steigenden Automatisierung uns Menschen bald nicht mehr braucht?
Jasmin Abgottspon: Nein, uns Menschen wird es auch weiterhin brauchen. Unsere Aufgaben werden sich aber sicher verändern. Während die Kolleginnen und Kollegen früher stark mit der operativen Abwicklung des Tagesgeschäftes beschäftigt waren, werden sie künftig viel stärker in der Überwachung und Weiterentwicklung des Handelssystems tätig sein. Wir kommen zum Beispiel weg von repetitiven manuellen Prozessen wie dem Eintippen von Produktionsfahrplänen hin zum Kontrollieren und Verbessern der Fahrpläne, die das System für uns berechnet. Oder ein anderes Beispiel: Unsere Kollegen arbeiten aktuell daran, die Prognosemodelle zu optimieren. Das Prognosesystem wird schrittweise trainiert, d.h. es muss lernen, dass beispielsweise der Josephstag hier im Wallis ein Feiertag ist und dass wir vor und nach Feiertagen gerne die Brücke machen. An solchen Tagen ist der Verbrauch tiefer als an Werktagen, da viele grosse Unternehmen nicht bzw. nur eingeschränkt arbeiten. Dieser reduzierte Verbrauch sollte beim Energiehandel berücksichtigt werden können.

Zu den Personen Franziska Megert & Jasmin Abgottspon
Franziska Megert (auf dem Foto links)
ist 42 Jahre alt, lebt in Wiler im Lötschental und ist Mutter von zwei Kindern. Sie hat einen Master in Volkswirtschaft und ist seit 2020 bei enalpin. Hier kümmert sie sich als Leiterin Systemdienstleistungen und Kraftwerksoptimierung um die effiziente Vermarktung unserer Energie.
Jasmin Abgottspon (auf dem Foto rechts)
ist 27 Jahre alt und lebt in Stalden. Mit einem Masterabschluss in Betriebswirtschaft und einem in Energiewirtschaft hat sie das notwendige Know-how, um unseren Energiehandel zu unterstützen und das dazugehörige Backoffice zu managen.